Muslimische Feder

Die Helfer des Königs der Feder.

Die Mehrehe im Islam

Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen

Die von Allah im Heiligen Qur-ân gewährte Erlaubnis, unter bestimmten Umständen und Bedingungen eine Mehrehe einzugehen, wird häufig nicht verstanden und führt zu unsachgemäßer Kritik oder falschen Vorstellungen von der Ehe im Islam. Um die Göttliche Weisheit dieser Möglichkeit zu erkennen und zu verstehen, müssen die Bedingungen, Voraussetzungen und Umstände, die der Islam mit der Mehrehe verknüpft hat, genau untersucht werden.

Wie sieht eine Mehrehe aus?

Die Erlaubnis für die Mehrehe, auch Polygamie genannt, wird in Sura An-Nisa Vers 4 gegeben:

»Und wenn ihr fürchtet, dass ihr (in der Gesellschaft) fehlen könntet hinsichtlich der Gerechtigkeit gegenüber den Waisen (nach den Kriegszeiten), dann heiratet Frauen eurer Wahl, zwei oder drei oder vier. Und wenn ihr fürchtet, ihr könntet nicht gerecht handeln, dann (heiratet nur) eine oder was eure Rechte besitzt. Also könnt ihr das Unrecht eher vermeiden.« (An-Nisa, Vers 4)

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass der Qur-ân einem Mann nur unter bestimmten Umständen erlaubt, bis zu vier Frauen zu ehelichen. Vor dieser Zeit gab in der arabischen Gesellschaft keinerlei Grenze, daher ist aus historischem Kontext dies vielmehr eine Einschränkung als eine Erlaubnis. Allen voran bei Umständen, wenn es Kriegen einen Frauenüberschuss gibt und Obhut für Waisenkinder durch eine Frau gefährdet ist. Jedoch wird vorausgesetzt, dass der Mann gerecht mit allen Frauen umgeht. Somit wurde an beiden Enden dieses Verses Gerechtigkeit als primäre Bedingung festgelegt. Letztere Rahmenbestimmungen legen fest, dass der Mann alles was in seiner Entscheidungsgewalt liegt, gleich auf seine Frauen verteilen muss.

An dieser Stelle sei bemerkt, dass in einer islamischen Ehe jeder Partner bestimmte Rechte hat. Die Frau hat gegenüber dem Mann Rechte auf liebevolle emotionale Zuwendung, sowie auf Versorgung mit allem, was man zum Wohlergehen von Körper und Geist benötigt.Wenn ein Mann nun fürchtet, er kann der Forderung nach Gerechtigkeit nicht nachkommen, gebietet Allah als Schutz vor Ungerechtigkeitnur eine Frau zu heiraten.

Weiter finden wir in Sura An-Nisa:

»Und ihr könnt kein vollkommenes Gleichgewicht zwischen (euren) Frauen halten, trotz eurer besten Absichten. Doch neigt euch nicht gänzlich einer (Frau) zu, also dann ihr die andere gleichsam in der Schwebe gelassen lasset. Und wenn ihr es wieder gutmacht und gottesfürchtig seid, dann ist Allah allverzeihend, barmherzig.« (Vers 130)

Die Großartigkeit des Islam zeigt sich in allen Geboten und Verboten wieder, denn Allah kennt die Natur des Menschen und offenbart seine vollkommene Weisheit auch hierin. Allah erklärt, dass es dem Menschen nicht möglich ist seine Gefühle und Zuneigung in einer Mehrehe im Gleichgewicht zu halten. Gefühle wie Liebe hängen mit dem Herzen zusammen, anders aber verhält es sich mit Gerechtigkeit, denn diese walten zu lassen liegt in der Macht des Mannes. Deshalb mahnt Allah dazu diese Möglichkeit auszuschöpfen und alle Rechte in gleicher Weise bei allen Frauen erfüllen. Selbst wenn sich sein Herz einer Frau mehr zuneigt, als einer anderen, darf er sich nicht hinreißen lassen und in Ungerechtigkeit verfallen, sondern sollte die Vergebung und Hilfe Allahs erflehen.

Wann ist eine Mehrehe zulässig?

Nachdem klar ist, wie eine Mehrehe aussieht, sind die Umstände zu betrachten, unter denen Islam diese Eheform erlaubt, bzw. sogar empfiehlt. Dazu ist es zuerst einmal notwenig den Zweck von Ehe im Sinne des Islam zu verstehen. Im Qur-ân werden vier Gründe für Heirat erwähnt:

  • Schutz vor körperlichen, moralischen und spirituellen Krankheiten; Islam erkennt den Sexualtrieb als eine sehr starke natürliche Neigung an und ist gegen eine Lebensform, die versucht diese natürlichen Triebe auszulöschen. (Der Verheißene MessiasAS nennt diesen Trieb in Erläuterung des Verses 54 der Sure Yusuf (12) sogar einen Sturm, den der Mensch lediglich durch Allahs Hilfe und Gnade überstehen kann). Es ist anderseits nicht erlaubt, den Trieben freien Lauf zu lassen. Der islamische Weg ist die Heirat, in welcher man das natürliche Verlangen befriedigen kann und so geschützt wird unerlaubte Wege der Befriedigung zu suchen.
  • geistiger Frieden und das Vorhandensein eines liebenden Gefährten; zweifelsohne Grundbedürfnisse aller gesunden Menschen.
  • Kinderzeugung; zum Erhalt und der Förderung des Menschengeschlechtes und der eigenen Abstammungslinie.
  • Ausweitung des Verwandtschaftskreises; eine Möglichkeit den Zusammenhalt der Gesellschaft zu fördern und das Verantwortungsbewusstsein füreinander zu stärken.

Man kann leicht nachvollziehen, dass nicht immer alle diese Gründe durch eine einzige Ehefrau erfüllt werden können und somit eine weitere Ehe rechtens wäre. Sicher ist die Erlaubnis der Mehrehe nicht dafür da, dass Männer ihre körperlichen Sehnsüchte erfüllen. Es kann jedoch vorkommen dass eine Frau durch Krankheit o.ä. verhindert ist Kinder zu gebären oder der Mann in seinem natürlichen Verlangen nicht von einer Frau gestillt wird. Um so jemanden nun davor zu bewahren sich selbst, seiner Frau, der Familie und der Gesellschaft größeren Schaden zuzufügen, ist es besser er heiratet eine weitere Frau, der er die gleichen Rechte schuldet, wie der ersten, denn der Wunsch nach Nachkommen gilt als legitim.

Bei unbedingtem Kinderwunsch wäre schließlich die Alternative, dass sich der Mann von seiner ersten Frau scheidet um eine andere Frau zu heiraten, mit der er Kinder bekommen könnte. Islam lehnt es als ein unmoralisches Vorgehen ab, dass man sich von einem Menschen, mit dem lange Zeit alles geteilt hat, einfach wegen einer körperlichen Fehlfunktion trennt und die kranke Person mit ihrem Schicksal alleine lässt, wo gerade in dieser Situation Zuneigung sehr wichtig ist.

Der Islam erklärt, dass die Familie der kleinste Baustein der Gesellschaft ist, und betont ihren Schutz, um im Großen eine stabile und friedliche Gesellschaft zu ermöglichen. Unklare Verhältnisse, Untreue und Beliebigkeit stünden diesem Ziel entgegengesetzt. Der Verheißene Messiasas betonte, dass der persönliche Wunsch nach einer weiteren Frau ohne Belang ist. Vielmehr geht es darum, den Frieden und das gute Miteinander innerhalb der Gesellschaft zu sichern.

Das sind kurz beleuchtet die islamischen Gründe für Heirat und wenn sie von einer Frau nicht erfüllt werden, können sie auch legitime Gründe für eine zweit, dritt oder viert Heirat werden. Im Hinblick auf die Ausführung im Vers, sind jedoch folgende drei weitere Gründe für eine Mehrehe erkennbar:

  • um Waisenkinder zu beschützen und besser zu versorgen
  • um Ehemänner für heiratswillige Witwen zu finden
  • um fehlende Männer in einer Familie oder Gesellschaft zu ersetzten

Im Vers in dem die Erlaubnis für eine Mehrehe gegeben wird, ist der Bezug zu den Waisen offensichtlich: »Und wenn ihr fürchtet, dass ihr (in der Gesellschaft) fehlen könntet hinsichtlich der Gerechtigkeit gegenüber den Waisen (nach den Kriegszeiten) dann heiratet Frauen eurer Wahl, zwei oder drei oder vier.«

Das bedeutet also, wenn man für Waisenkinder verantwortlich ist, dann kann man, so ihre Mutter noch lebt, diese heiraten, um eine engere, familiärere Beziehung zu den Schützlingen herzustellen um ihnen mit mehr Liebe begegnen zu können.

Insbesondere in Kriegszeiten gibt es viele Witwen mit und ohne Kinder, die ebenso wie jeder andere ein Recht auf ein geborgenes Zuhause haben und Erfüllung ihrer Bedürfnisse. In Zeiten eines Frauenüberschusses, wie nach Kriegen, ist dieser Herausforderung nur durch Mehrehe zu begegnen. Die Alternative ist, dass sich das natürliche Bedürfnis unerlaubte Wege und zum Beispiel durch Untreue der familiäre Frieden zerstört wird.

Es ist die Mehrehe alleine welche die vielfältigen Probleme einer Gesellschaft mit Männermangel lösen kann. Ohne Mehrehe gäbe es viele Familien ohne Versorger, etliche junge Frauen, die eine Familie gründen möchten, aber niemanden dafür finden. Kinder ohne Väter uvm. Es wäre ungerecht, wenn man diese Vorteile der Mehrehe leugnen möchte.

Die Mehrehe stellt die Ausnahme dar. Die Regel ist die Monogamie. Trotzdem ist die Mehrehe aus islamischer Sicht immer noch die Ausnahme, nicht die Regel. Schließlich glauben wir Muslime, dass zwischen Gottes Wort und Gottes Tat kein Widerspruch sein darf und kann. Kriegszeiten und somit Männermangel sowie gesundheitliche Schwächen bilden tatsächlich keine Regel. Würde jeder Mann mehrere Frauen heiraten, würde ein Großteil der Männer ohne Lebensgefährtin bleiben. Islam legt sehr großen Wert darauf, dass jeder im heiratsfähigen Alter in Ehe lebt. Es kann also gar nicht sein, dass Islam die Mehrheit der Ehen polygam wünscht.

Allah betont die Pflicht des Mannes die Frauen alle gleich und gerecht zu behandeln sagt aber auch:

»Und ihr könnt kein vollkommenes Gleichgewicht zwischen (euren) Frauen halten, trotz eurer besten Absichten.«

Manche neuzeitliche Qur-ânkommentatoren wollten unter dem Druck der Polygamiegegner daraus schließen, dass dies ein Quasiverbot für die Mehrehe darstellt. Was aber im Widerspruch zur im Qur-ân gegeben Erlaubnis und der Praxis vieler anerkannter Heiliger im Islam stünde. Den Weg aus dieser Zwickmühle weist uns der Verheißene MessiasAS, Friede sei auf ihm, in dem er erklärt:

Die Bürden und unangenehmen Verpflichtungen einer Mehrehe sind zu viele und es gibt etliche Übel darin, dass nur jene sich gegen diese schützen können, die von Gott durch Seinen speziellen Beschluss und für einen besonderen Göttlichen Grund durch Seine spezielle Mittteilung und Offenbarung dazu bevollmächtig wurden.

Verstößt eine Mehrehe gegen die Gleichwertigkeit von Mann und Frau?

Gerne wird die islamische Mehrehe kritisiert, da sie dem Mann zwar mehrere Frauen erlaubt, der Frau aber nur einen Mann. Es sollte nun klar sein, dass diese Eheform kein Weg zur Lustmaximierung ist, sondern nur eine Möglichkeit, um die oben genannten sieben Punkte zu erfüllen. Es ist also von vornherein ein falscher Ansatz die Mehrehe daran zu messen, wer mehr Lust erfahren kann, denn dies ist kein vom Islam gerechtfertigter Grund zur weiteren Heirat. Abgesehen davon ist es im islamischen Familienmodell organisatorisch nicht möglich, dass eine Frau mehrere Versorger hat, würde sie dann von jedem ein Haus zu Verfügung gestellt bekommen? Was wäre wenn die Frau schwanger ist, wer wird dann für sie aufkommen? Wenn Kinder geboren werden, wer wird sich um diese kümmern? Kann man davon ausgehen, dass die Kinder von den »Vätern« mit Liebe behandelt werden?

Den Umständen, unter denen Islam eine Mehrehe erlaubt, um die Gesellschaft zu stabilisieren, kann nur durch Heirat mit mehreren Frauen begegnet werden. Nicht durch Heirat mehrerer Männer. Selbst wenn eine Frau die Mehrehe ihres Mannes als ungerechtfertigt sieht, stellt Islam es der Frau frei ihre Ehe mit diesem Mann durch Scheidung zu beenden. Es wird also niemand in eine Lebensform gezwungen, die er nicht möchte. Letzten Endes wird Allah über alle Beteiligten richten. Zum anderen: Sollte die Frau befürchten, dass der Mann aus egoistischen Gründen die Erlaubnis einer Mehrehe missbrauchen wird, so erklärt der Verheißene MessiasAS folgende Lösung:

»Obgleich nun diese Thematik, der Erlaubnis für bis zu 4 Ehen im Islam wohlbekannt ist, wird niemand dazu gezwungen. Jeder Mann und jede Frau ist hierüber wohlbekundet. Es ist also das Recht der Frauen, wenn sie jemanden heiraten, dies vorab als Bedingung festschreiben, dass der Mann keineswegs eine weitere Ehe eingehen wird. Wenn diese Bedingung vor dem Nikah niedergeschrieben ist, so wird sich der Ehemann bei Zuwiderhandlung des Vertragsbruchs schuldig machen« (Chashma-e-Maarfat, Ruhani Khazain Band 23, Seite 246)

Zusammenfassend kann man feststellen, dass Islam zwar die Mehrehe erlaubt um bestimmten persönlichen und gesellschaftlichen Notwendigkeiten gerecht zu werden, gleichzeitig aber klar ausgesagt wird, dass diese Lebensform nur möglich ist, wenn Mann als auch Frau der höheren Ziele bewusst bereit sind, ihre persönlichen egoistischen Wünsche zu begraben. Eine solche Ehe kann nur, wenn sie für Gott und um Seinetwillen eingegangen wird und mit Gottes spezieller Hilfe für alle Beteiligten zur Zufriedenheit und Ruhe führen.

Quellen:

  • [1] Bashiruddin Mahmud Ahmad. The Holy Qur-ân with English translation and commentary. Islam International, Tilford, Surrey, 1988.
  • [2] Tahir Ahmad. Islam’s response to contemporary issues. Islam International Publications, Tilford, 1992.
  • [3] A. R. Dard. Life of Ahmad. Islam International Publications Ltd. Tilford, 2008.
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